Neulich hörte ich, wie sich meine Tochter über die Schule ausließ. Alles war Mist, nichts passte ihr. Dabei ist sie grad mal 9 Jahre alt. Anfangs war Schule noch gut, hat Spaß gemacht. Inzwischen ist ihr “die Lehrerin nicht streng genug.”

Ich versuchte herauszubekommen, was geschehen war. Dabei war das alles gar nichts Neues. Das geht schon seit einem halben Jahr so. Es gibt kaum einen Tag, an dem sie nicht schimpft. Ok, meine Tochter ist nicht einfach.

Chaos ist ihr Leben. Aber irgendwie braucht sie auch Struktur. Bilde ich mir wenigstens ein. Aber was, wenn das nur MEIN Eindruck ist. Woher nehme ich mir das Recht, zu wissen, was in diesem Kinderkopf vorgeht?

Heute frage ich mich, wie ich mir die Schule für meine Kinder gewünscht hätte. Und ob diese Schule dem entspricht, was sich meine Kinder selbst gewünscht hätten. Können Erwachsene “vom Kind aus” denken?

Tun wir den Kindern unrecht, wenn wir uns einbilden zu wissen, was ihnen gut tut und wie sich sich bestimmte Dinge vorstellen? Vielleicht lohnt ein Blick in die Entwicklung des Menschen hin zum selbstbestimmten Lebewesen.

Entwicklungspsychologisch sieht es ja so aus, dass sich alle Menschen irgendwie ein bisschen anders entwickeln und man auf der Grundlage dieser Beobachtungen versucht, das große Ganze zu verstehen und einzuordnen.

Individualität geht damit wieder verloren. Trotzdem hat man den Benefit, dass die Breite Basis an Befunden es möglich macht, von bestimmten Voraussetzungen in der Entwicklung auch bei Lernprozessen erst mal ausgehen zu können.

Nicht jeder Erwachsene -und auch nicht jedes Kind- kann sich so einfach in jeden anderen hineinversetzen. Kinder üben: in Rollenspielen, in Familien, in Kindergärten und in Schulen.

Familien sind der Kreis, in dem Kinder sich entwickeln. Sie legen den Grundstein auf dem Kindergärten und Schulen aufbauen können. Und Kinder spiegeln wider, was sie aus ihren Familien kennen.

Aber wenn dem so ist, ist dann “vom Kind aus” denken überhaupt möglich? Muss man denn dann nicht immer alles mitdenken, was aus den Elternhäusern kommt?
Und geht das so einfach?

Chancen entstehen manchmal auch durch Veränderung. “Vom Kind aus” denken, ist anders denken. Vielleicht ist es -mal wieder- ein Spiel mit Begrifflichkeit, ein ausprobieren von Wörtern. Vielleicht kann es aber auch mehr sein.

Haben wir also den Mut, mit den Augen der Kinder auf die Schule der Zukunft zu schauen. Haben wir das Vertrauen in unsere Kinder, dass sie uns dabei helfen können, ihre Zukunft zu ermöglichen. Und haben wir auch die Klarheit, dass wir nicht immer das tun müssen, was Kinder in dem Moment tun würden, wenn wir “vom Kind aus” denken. Nicht immer ist der “Augenblick” das Beste für die Zukunft.